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Wieder geboren werden – der Zustand dazwischen

Im Buddhismus geht man davon aus, dass jeder schon unzählige Male wiedergeboren wurde und dass das noch unzählige Male passieren wird. Es ist also nicht so, dass dieses Leben, das wir gerade haben, das einzige ist. Das wäre ja auch etwas ungerecht. Denn dann hätte man sehr viel Pech gehabt, wenn man in einem Land geboren wäre, in dem gerade Krieg oder Hunger herrscht. Oder man hätte unverschämt viel Glück gehabt, wenn man als Kind von sehr freundlichen Eltern in einem Land, in dem Frieden herrscht und alles im Überfluss vorhanden ist, zur Welt gekommen wäre. Da der Buddhismus lehrt, dass man auch als Tier zur Welt kommen kann, verstärkt sich die Ungerechtigkeit. Als kleine Stechmücke hat man es sicher weniger gut als als geliebte Hauskatze.

Wenn wir also annehmen, dass es viele verschiedene Leben gibt, die man haben kann, dann stellt sich die Frage, wie kommt man denn von einem Leben zum anderen?

Von Körper zu Körper wandern

Als Erstes muss man geboren werden und einen Körper haben. Diesen Körper muss man dann irgendwann wieder verlassen und einen anderen Körper bekommen. Das leuchtet ein. Deshalb gibt es Geburt als Anfang und den Tod als Ende für ein Leben. Danach kommt wieder eine Geburt, ein Leben in einem bestimmten Körper, der Tod - und dann das nächste Leben. Immer weiter so. Das ist auch mit Samsara gemeint, was übersetzt „Beständiges Wandern“ heißt. Und wohin wandern wir beständig? Richtig, von einem Leben zum nächsten. Jedes Leben, ob als Hauskatze, als Ameise, als Fisch, als Mensch in Afrika, als Mensch in Deutschland, als Mensch in Japan, als Wal im Eismeer oder als Papagei im Dschungel läuft immer gleich ab: Man wird geboren, erlebt etwas, und stirbt wieder. Der Buddha hat sich seine früheren Leben, an die er sich erinnern konnte, genauer angeschaut. Genauso genau hat er sein eigenes Leben und das seiner Familie und seiner Bekannten betrachtet. Dabei hat er festgestellt, dass alle damit beschäftigt sind, für sich gute Bedingungen zu schaffen. Alle versuchen, viel Freude zu erleben und gute Freunde haben und alle hoffen, dass ihnen das, was sie sich vornehmen, gelingt.

Das ist bei Tieren nicht anders. Sie wünschen sich ein sicheres Versteck, eine schöne grüne Wiese zum Abweiden, nette Freunde in der Herde, sauberes Wasser im Meer und in den Flüssen.

Die Frage ist: Wer oder was ist es, das sich das wünscht? Ist es der Körper? Der Kopf? Das Gehirn?

Nein, eigentlich nicht, oder? Fühlt mal bei euch selbst nach diesem ICH, das sich dies oder das wünscht. Es ist nicht unbedingt der Körper, oder? Es ist eher ein Gefühl für ein Ich, das wir haben, wenn wir uns selbst meinen.

Dieses Gefühl für ein Ich steckt in jedem, jeder fühlt sich als „ich“. In einem Ameisenleben sagt dieses Gefühl „ich“ zu sich als Ameise, wenn wir ein Mensch sind, fühlt dieses „Ich“ sich als Mensch, und als Wal empfindet es sich als Wal-Ich.

Das Ich-Gefühl

Jetzt kommt die nächste spannende Frage: Wie wandert dieses Ich-Gefühl von einem Leben zum nächsten?

Es wird von buddhistischen Lehrern gesagt, dass dieses Ich-Gefühl erst einmal davon überrascht ist, wenn der Körper, in dem es zu Hause war, stirbt. Erst muss es verstehen, dass sein alter Körper nicht mehr funktioniert – er ist ja tot. Wenn das dem Ich klargeworden ist, dann fühlt sich dieses „Ich – Gefühl“  ziemlich unwohl. Es ist schließlich gewohnt, einen Körper zu haben. Ohne eine Hülle um sich herum fühlt es sich seltsam. Ohne Verankerung, ohne Boden unter den Füßen – was ja auch tatsächlich stimmt.

Das Ich-Gefühl spürt eine große Sehnsucht danach, wieder einen Körper zu haben, sich wiederzuverkörpern, wie man auch sagt. Es will unbedingt wieder mit etwas Körperlichem verbunden sein, das ist jetzt sein einziger Wunsch.

Dieser Wunsch ist so übermächtig, dass dieses Ich gar nicht mehr mitbekommt, was passiert. Es spürt nur noch das Verlangen nach einem Körper, alles andere ist ihm egal. Dadurch bekommt es auch nicht mit, wie es sich mit einem werdenden neuen Körper verbindet. Es ist so glücklich, wieder eine Hülle zu haben, dass es erst einmal nur abschaltet, entspannt und sich wieder sicher fühlt. Den Körper, den es vorher hatte, vergisst das Ich-Gefühl ganz. Das ist ja auch nicht mehr wichtig. Es hat schließlich einen neuen gefunden. Es ist überglücklich, dass es wieder Festigkeit um sich hat und zu einem Körper wird (zum Beispiel zu einem Embryo im Bauch seiner neuen Mutter). Diesen werdenden Körper fühlt das „Ich-Gefühl“ dann als sein neues Ich.

Ein neues Leben hat begonnen. Bald wird man geboren, wird größer, lernt eine Sprache. Wenn man bei Deutsch sprechenden Eltern geboren wurde, lernt man Deutsch, wenn man als Amsel geboren wurde, lernt man Amslisch, als Wal lernt man die Walsprache, als Inder Indisch, als Katze lernt man miauen. Man lernt sich so zu bewegen, wie es zu dem Körper, den man hat, passt. Als Mensch geht man dann in die Schule, lernt schreiben, lesen und rechnen und wünscht sich eine gute Note im Diktat oder eine nette Freundin oder einen Hamster. Wer aber wünscht sich das? Das Ichgefühl.

(die Illustrationen stammen von Chiara, 11 Jahre)

 

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