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Bücher anderer Autoren
Kitty Crother - Annie
Kitty Crowther (Text), Illustrationen ebenfalls von Kitty Crowther, Annie, Carlsen Verlag, Hamburg 2011, übersetzt von Bernadette Ott, Hardcover, 48 Seiten ab 5 Jahren ISBN 978-3-551-51768-5 (D) 12,90, (A) 13,30 / sFr 18,90
Kitty Crowther gehört zu den interessanten Kinderbuchautorinnen und Illustratorinnen unserer Tage. Sie wurde 1970 in Brüssel geboren, ihr Vater ist Brite, die Mutter Schwedin. Sie begann ihr Leben also schon zwischen zwei Ländern und wuchs ebenfalls dazwischen auf: in Belgien. Ein angeborener Hörfehler bewirkte, dass sie erst spät das Sprechen lernte. Kitty Crowther führt ihre Liebe zu Büchermachen mit darauf zurück. Inzwischen sind über 30 Bücher von ihr erschienen. Zum Teil sind es eigene Geschichten, die sie auch selbst illustriert, oder sie hat zu Geschichten anderer Autorin die Bilder gemalt.
Im Jahr 2010 wurde sie mit dem Astrid-Lindgren-Gedächtnis-Preis, dem weltweit wichtigsten und höchstdotierten Preis, den man als Kinderbuchautorin gewinnen kann, ausgezeichnet:
In dem Buch Annie, das 2011 auf deutsch erscheinen ist, erzählt Kitty Crowther die Geschichte der jungen Annie, deren Mutter gestorben ist. Seitdem ist Annie allein und todtraurig. Sie lebt ganz alleine in einem Haus auf einem Hügel, niemand besucht sie. Vor dem Haus liegt ein großer See, in dem sich drei kleine Inseln befinden. Schon öfter hat sie überlegt, dass sie um den See herumwandern oder mit dem Boot auf die andere Seite rudern könnte. Vielleicht würde sie dann jemanden kennen lernen um wäre nicht mehr so allein. Aber ihre große Traurigkeit hindert sie daran, überhaupt irgendetwas zu unternehmen. Diese Traurigkeit ist inzwischen so groß und bedrückend geworden, dass Annie sich umbringen will. Sie geht also hinunter in den See, um sich zu ertränken. Sie bindet einen Stein an ihre Füße, springt vom Steg in den See hinein und geht sofort unter. Aber anstatt, dass sie stirbt, wird sie von einer Hand sanft aufgefangen und zurück ans Land ans Ufer vor ihr Haus getragen. Diese Hand gehört einem der drei Riesen, die im See wohnen. Die drei Inselchen, die aus dem See herausschauten, sind ihre Hüte!
Von den drei Riesen erfährt sie, dass diese ein großes Problem haben. Sie müssen für sich drei Riesenfrauen finden. Die leben aber im Meer. Und diese drei Riesen wissen nicht, wie sie zum Meer gelangen können. Annie ist gerne bereit ihnen zu helfen. Sie holt ihre Landkarte aus dem Haus und tüftelt einen Weg aus. Nachts wandern sie und tagsüber verstecken sie sich, keiner soll die drei Riesen entdecken. Schließlich haben sie es ans Meer geschafft. “Da ist das Meer. Weiter, als das Auge reicht. Die drei Riesen schreiten hinein. Mit sehr tiefer Stimme stimmen sie einen Gesang an, wie ihn noch keiner gehört hat”, schreibt Kitty Crowther. Für die Riesen scheint es jetzt ein Happy End zu geben, denn tatsächlich tauchen zwei Riesinnen auf. Nur zwei? Was ist mit dem dritten Riesen?
Auch für ihn und Annie geht die Geschichte gut aus, denn es stellt sich heraus, dass die beiden füreinander bestimmt sind, was sie aber erst einmal nicht wissen. Erst als sie sich verabschieden, der Riese zurück in seinen See und Annie in ihr Haus geht, passiert das Wunder! Denn am nächsten Morgen ist die Insel im See verschwunden, stattdessen rudert ein schöner junger Mann über den See auf Annies Haus zu. Er ist der dritte Riese, aber er ist nicht mehr riesengroß!
Ein sehr berührendes Buch, das uns mit den Untiefen der Traurigkeit in Verbindung bringt, aber auch mit der Kraft des Füreinanderbestimmtseins. Doch man muss seinen Weg schon selber gehen und vor allem darf man nicht in der Traurigkeit und Verzweiflung stecken bleiben, das Zeit die Geschichte auf wunderbar unsentimentale Weise. Die poetische, einfache Sprache findet ihren Weg spielend in die Herzen der Leser und die einfachen, fast zen-mäßig anmutenden Bilder erzählen die Geschichte auf einer anderen Ebene mit.
Andrea Liebers
Manfred Spitzer - Digitale Demenz. Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen
Droemer Verlag München 2012, 19,99.- Euro Der Begriff “Digitale Demenz” schreckt auf, deutet er doch an, dass wir durch Mediennutzung dement werden, unser Gehirn an Speicherkapazität verliert und wir nicht mehr Herr bzw. Frau “unserer Selbst” sind.
Der Gehirnforscher und Arzt Manfred Spitzer geht es geht es in seinem Buch vor allem um die Wirkung von digitalen Medien auf Kindergehirne, denn diese sind extrem bildungsfähig. Im doppelten Wortsinn: sowohl rein stofflich - es will Nervenzellen bilden, Denkspuren legen, diese Spuren ausbauen: das ist es, was man mit Neuroplastizität bezeichnet. Später wachsen zwar auch (v.a. im Hippocampus) noch Nervenzellen nach, aber die wichtigen “Denkstraßen” werden in jungen Jahren angelegt. Und wenn diese “Straßen” fehlen, können sie nicht in dem gewünschten Umfang im Erwachsenenalter nachgebaut werden.
Bildung - also Wissen und Information - ist der Input, den junge Gehirne brauchen, um sich zu bilden, also bestmögliche Gestalt anzunehmen. Je intensiver und öfter ein Reiz im Gehirn ankommt, desto leichter werden Spuren hinterlassen. Ein Reiz ist intensiv, wenn viele Sinne beteiligt sind: Am besten ist Be-greifen im wörtlichen Sinn, direkter Kontakt mit Personen, die mit dem Kind sprechen, es berühren, ihm etwas erklären und so weiter. Ein Bildschirm sendet nur visuelle Reize, und die sind oftmals zu schwach um gespeichert zu werden. Bringen also nichts! Allerdings sitzt das Kind vor dem Bildschirm und bewegt sich dabei eher nicht, wird auch nicht von anderen angesprochen, das bedeutet Zeit, die Kleinkinder vor dem Bildschirm verbringen, ist verlorene Zeit. Man hätte sie besser anders genutzt.
Für sein Anliegen liefert Spitzer in seinem Buch viele wissenschaftliche Studien als Belege und er wundert sich gar sehr, warum diese Untersuchungen, die z.B. belegen, dass Laptops in Kindergärten eine sinnlose Investition sind, von den (politischen und Bildungs-) Institutionen nicht zur Kenntnis genommen werden. Er sieht eine höchst einflussreiche Lobby dahinterstehen, die zum Teil auch Studien an Universitäten finanziert - so dass dann natürlich gewünschte (im Sinne der Lobby) Ergebnisse herauskommen. Eine Mahnung an uns alle, Studien kritisch zu hinterfragen, nicht nur vom Ergebnis her, sondern auch zu checken, wer als Geldgeber dahintersteckt.
Für Buddhisten ist Spitzers Buch eine Ermutigung, auch bei der Erziehung der Kinder auf Rezepte zu setzen, die der Buddha schon vor 2500 Jahren verschrieben hat: Das Training von Sammlung und Konzentration (Meditation) und die Beachtung von “Tugenden” (Sila) - auch schon in jungen Jahren. Die Wissenschaft nennt das Selbstkontrolle und teilt diese in drei Aspekte ein: Arbeitsgedächtnis (ich muss ein langfristiges Ziel vor Augen haben, wissen, wo es für mich langgeht), Inhibition (ich muss wissen, wo ich nein sagen sollte), und Flexibilität (ich muss von meiner Regel auch abweichen können, wenn es die Situation verlangt). Diese Fähigkeiten, so Spitzer, kann man den Kindern in vielen verschiedenen Situationen beibringen (vor allem auch durch Sport und Spiel), aber natürlich auch durch Achtsamkeits- und Konzentrationsübungen. Ziel ist, dass das Gehirn die Grundstruktur des selbstkontrollierten Verhaltens als breite Denkbahnen abgespeichert, damit fällt es im späteren Leben sehr vieles leichter (Konzentration (Achtsamkeit), sich im Griff haben, ein Ziel im Auge behalten (Disziplin buddhistisch ausgedrückt), da das Gehirn darauf aufbauen kann. Ein Gehirn merkt sich nämlich nicht die Einzelfälle, durch die es etwas lernt, sondern leitet gültige Regeln ab, die es auf andere, neue “Fälle” überträgt.
Es wäre also eine verdienstvolle Angelegenheit, wenn wir Buddhisten uns kindgerechte Übungen überlegen würden, mit denen wir unseren Kinder spielerisch in Geistesschulung trainieren könnten - so dass es ihnen auch Spaß macht - denn vor allem dann lernt das Gehirn am effektivsten!
Andrea Liebers
Diana Winston - Siddharta wird erwachsen - Wie man mit Buddhismus die Pubertät überlebt
Verlag O.W. Barth
Ein wirklich informatives und inspirierendes Buch, dass alle wichtigen Aspekte der buddhistischen Belehrungen behandelt und das nicht nur für Teenager, sondern durchaus auch lesenswert für Erwachsene.
Verständlich und mit Beispielen versehen, beginnend mit der Lebensgeschichte Buddhas erfährt der Leser viel über die grundlegenden buddhistischen Lehren. Auch Fragen wie “wie werde ich Buddhist” oder “wie kann ich meditieren” werden behandelt. Das wichtigste an diesem Buch sind dann aber Themen wie Sexualität, starke Emotionen und wie gehe ich damit um, mit anderen zusammen leben, den rechten Lebensunterhalt finden, sich als Buddhist auch sozial engagieren. In dieser Bandbreite, bekommen Jugendliche eine wirklich fundierte Grundlage um mit ihrer Situation zu arbeiten. Dieses Buch kann als Ratgeber durch alle Höhen und Tiefen der Pubertät durchaus sehr hilfreich sein.
Schade nur, dass es von der Aufmachung und manchmal auch von der Wortwahl her etwas bieder rüberkommt und deswegen vielleicht wenig ansprechend für die anvisierte Altersgruppe ist. Etwas mehr Pepp würde hier gut tun, um die jungen Leser zu erreichen.
Ariane Will
Sarah Naphtall - Der kleine buddhistische Erzeihungsberater
Verlag O.W. Barth
Schade, von der Idee und vom Ansatz her gut. Die Autorin fasst kurz und verständlich die Grundlagen der buddhistischen Lehre zusammen, z.B. die 4 edle Wahrheiten, 8facher Pfad, Achtsamkeit, Nutzen der Meditation, etc. Aber dann, der Originaltitel des Buches im Englischen ist “Buddhism for mothers”. Im Deutschen heißt das dann politisch korrekt, s.o. Aber es kommen keine Väter vor, oder wenn dann nur leider abwesend (Arbeit, Sport,etc) Und stillen können die Versager auch nicht, also muss die buddhistische Mutter alles selber machen und fällt in ein tiefes schwarzes Loch aus Anstrengung, Schlafmangel, Überforderung, Frustration, Schuldgefühlen. Hätte ich nicht schon 5 Kids, ich würde nach dieser Lektüre keine bekommen!
Theoretisch weiß die gute Frau, worum es buddhistisch betrachtet geht, aber in die Praxis konnte Sie und ihren zitierten Freundinnen dies Erkenntnisse leider nicht umsetzen, und so bleiben alle in einem langen Jammertal stecken, dass mindestens bis zum 20. Lebensjahr der Kinderlein dauert und in dem man sich großen Herausforderungen stellen muss, wie z.B. Zeit zu finden für die Meditation oder sich intensiv mit immerhin 35 Jahren mit dem Altwerden zu befassen und den dazu gehörigen erschreckenden Blicken in Spiegel und so.
Der Autorin und ihren Freundinnen wäre dringend angeraten doch bitte wieder arbeiten zu gehen und die Kinderbetreuung qualifizierten Fachkräften zu überlassen und Schwangeren ist dringend von der Lektüre dieses Buches abzuraten und einfach ihre Schwangerschaft zu genießen.
Ariane Will
Karen M. Miller - Zen oder die Kunst Mutter zu sein
Verlag O.W. Barth
Ein positiver Blick auf die Elternschaft, denn hier spielen auch die Väter eine Rolle.
Das Buch räumt kräftig mit allen überzogenen Vorstellungen von Mutterschaft auf und zeigt mit viel Humor Wege aus Krisen auf. “Lass dir helfen und erbitte weitere Hilfe” ist eine der Kernaussage. Unsere Handlungen bedürfen keiner Analysen, Bestrafungen oder Wiederholungen.
Nicht das Beste zu tun, das ist unmöglich, wir sind lediglich immer der Meinung, es sei nicht das Beste. Diese und andere Thesen mehr wurden von der Autorin lebenspraktisch umgesetzt und helfen schon beim Lesen, zumal ich mich bei vielen Schilderungen selber wieder erkannte und oft schmunzeln musste.
Zen Buddhismus erweist sich hier als lebenspraktisches Instrument, mit Humor und Ruhe auch mit schwierigen Situationen umgehen zu können und das Leben mit Kindern als das sehen zu können, was es ist: spannend und voller Liebe.
Ariane Will
Claudia Gliemann - Kleiner großer Berg
Claudia Gliemann (Text), Uwe Meyer (Bilder) Monterosa Verlag Karlsruhe 2010, 32 Seiten, 14,90 €
Eltern, die ihre Kinder im Geist des Buddhismus erziehen wollen, finden mit “Kleiner großer Berg” ein wunderschönes Buch zum Anschauen, Lesen und Nachdenken für Kinder ab 4 Jahren. Der kleine große Berg vergleicht sich mit der Wiese und dem See und meint dabei gar nicht gut wegzukommen. Was hat er schon zu bieten? Die Wiese ist saftig grün und der See tiefblau und er nur langweilig grau. Genau so fühlt er sich, wie eine graue Maus, denn wenn er weiter vergleicht, hat er nicht viel zu bieten, die beiden anderen dagegen umso mehr. Doch eines Tages geht ihm dank der Sonne ein Licht auf. Da gibt es durchaus einiges, was ihn sehr besonders macht. Nicht nur dass auf ihm Edelweiß und Enzian wachsen, er ist auch Jahrmillionen alt!
Diese bezaubernde Geschichte regt die Fantasie an, bietet Stoff zum Nachdenken und ist in einer wunderbar einfachen, schönen Sprache geschrieben. Die witzigen, pfiffigen und kindgerechten Illustrationen von Uwe Meyer, die durch klare Formen und satte Farben bestechen, verleihen der Geschichte einen zusätzlichen Zauber. Ein Buch zum Liebhaben und sich mit den lebens-wichtigen Grundsatz vertrat machen: Jeder ist auf seine Art etwas ganz Besonderes!
Andrea Liebers
Osamu Tezuka - "Buddha Band 1: Kapilavastu"
Carlsen Verlag, Hamburg 2012, 312 Seiten, Band 2: Die Prophezeiung, 272 Seiten, 2012, Band 3: Die vier Pforten, 300 Seiten, 2012, alle jeweils 22,90 .- €
Eine Überraschung, dass es so etwas gibt: die Lebensgeschichte des Buddha im Manga-Stil gezeichnet, das Ganze auf 10 Bände verteilt, wovon jeder circa 300 Seiten umfasst. Für uns westlich “spiritualisierte” Buddhisten, die wir Buddhas Leben und seine Belehrungen durchaus ehrfürchtig rezipieren, sind die Buddha Graphic Novels (gezeichnete Romane) des berühmten Manga-Altmeisters Osama Tezuka eine erfrischende Herausforderung. Erstens weil die Lebensgeschichte des Buddha in Mangastil erzählt ist, und zweitens weil der Autor an einigen Stellen etwas von der klassischen Buddha-Biografie abweicht, um die Zeitumstände vor 2500 Jahren dichter erzählen zu können.
Der 1928 in Japan geborene Osamu Tezuka - der in Japan der Gott der Mangas genannt wird - prägte ähnlich wie in den USA Walt Disney mit seinen Geschichten und Manga-Figuren die Alltagskultur Japans. Er arbeitete 10 Jahre lang (von 1972 bis 1983) an seinem Buddha-Zyklus. Wie eine Art Hintergrundmusik scheint immer wieder die Energie einer spirituellen Suche nach Wahrheit auf, doch auch die Widerstände, die Samsara ihr entgegensetzt, knallt uns Tezuka in seiner vielfältigen Comiczeichensprache vor die Nase. Die fünf Asketen zum Beispiel sind durchaus auch witzige Burschen - einer trägt die ganze Zeit einen schweren Stein mit sich herum, ein anderer ist von dicken Nägeln durchbohrt und praktiziert Yoga -, die Brahmanen schweben als eine unangreifbare Autorität über allen, die Unberührbaren sind tatsächlich der letzte Dreck und begehren dagegen auf. Mit ironisch-sarkastischen Szenen kritisiert Tezuka die Ungerechtigkeit dieser Gesellschaft und macht pointiert deutlich, wie sich auch damals alles um den Tanz ums goldene Kalb drehte: um Macht, Reichtum, Sex und Gewalt.
Großartig, wie die Wandlung der Charaktere, und auch das spirituelle Reiferwerden des Buddha sich auch äußerlich ablesen lassen. Buddha, bei Tezuka nicht von Anfang an der hochbegabte Strahlemann, entwickelt sich trotz seiner zarten Gesundheit zum selbstbewussten jungen Mann, der der Herrschaft entsagt und den Weg der Befreiung einschlägt. Ich bin schon sehr gespannt, wie es in den nächsten Bänden weitergehen wird, im Januar soll der Band 4 des 10 bändigen Werkes erscheinen. Für alle, die sich Buddha und seiner Lehre auf einem neuen Weg nähern wollen, sehr zu empfehlen!
Andrea Liebers
Louis Jensen, 33 Cent um ein Leben zu retten
Hanser Verlag, München 2013, 155 Seiten 12,90.- €
Dieses Jugendbuch des dänischen Schriftstellers Louis Jensen, dessen Werk inzwischen alle wichtigen dänischen Buchpreise erhalten hat, öffnet die Augen für vielerlei. Zum einen für die (zwar schon bekannte) aber dennoch immer wieder verdrängte Tatsache der ungerechten Verteilung der Güter in der Welt: Wieso werden Äpfel in einen afrikanischen Land, in dem Hunger herrscht, nach Europa exportiert und dort massenweise weggeworfen, weil sie durch Transport und Lagerung leichte Macken haben und sich dafür dann keine Käufer finden? Diese Ungerechtigkeit treibt den jugendlichen Ich-Erzähler um. Er will das so nicht mehr hinnehmen und beschließt, nur noch jeden zweiten Tag zur Schule zu gehen. Den anderen, freien, Tag jobbt er im Supermarkt. Das Geld, das er dort verdient, schickt er nach Afrika, um die armen Kinder vor dem Hungertod zu retten. Doch dieses Geld reicht nicht angesichts der vielen 100.000, die es benötigen. Deshalb beschließt er, in den Edelboutiquen Kleidung zu stehlen und diese über einen Hehler zu verkaufen. Auch ans Internetbankkonto seines Vaters, eines Richters, der per Beruf für die Gerechtigkeit zuständig ist, geht er heimlich und überweist Geld nach Afrika. Schließlich wird sein Schuleschwänzen nicht mehr toleriert (die Diebstähle sind noch nicht aufgeflogen), er soll aufs Internat geschickt werden. Da greift er zur Selbsthilfe. Er nimmt sich den mit afrikanischem Obst vollgeladenen Lieferwagen des Supermarktes und beschließt, nach Afrika zu fahren und die Lieferung denen zu bringen, denen sie seiner Meinung nach zusteht. Den hungernden Kindern. Das Ende der Reise und der Geschichte bringt den Icherzähler ebenso wie die Leser in die harte (sehr harte) Realität zurück. Die Lektüre lässt einen sehr nachdenklich zurück. Ein Lehrstück über idealistische Konzepte, die der brutalen Wirklichkeit nicht standhalten, die Ohnmacht angesichts ungerechter Wirtschaftskreisläufe, der gerechte Aufschrei gegen diese Ungerechtigkeiten und die große Frage: wie können wir verstehen, was da läuft, und was können wir tun? Buddhistisch formuliert: dieses Buch handelt vom abhängigen Entstehen, wirft die Frage nach dem Karma auf und zeigt exemplarisch wie Konzepte, selbst wenn sie gut gemeint sind, Konstruktionen des Geistes sind, die die Wirklichkeit nicht in ihrer Ganzheit erfassen. Ein Buch, das man sicherlich ausgezeichnet als Diskussionsgrundlage benutzen kann.
Andrea Liebers
Thich Nhat Hanh und die Gemeinschaft von Plum Village - Achtsamkeit mit Kindern
ISBN 978-3-485-01388-8 erschienen im Nymphenburger Verlag, München 2012, 24,99.- €
Besprochen von Astrid Hörr-Mann
In dem neu erschienen Buch “Achtsamkeit mit Kindern” von Thich Nhat Hanh stellen Menschen aus der Gemeinschaft um den buddhistischen Lehrer Übungen vor, mit deren Hilfe wir die Achtsamkeit im Alltag leben können. Kinder, Jugendliche und Erwachsene - alle finden hier Anregung und Anleitungen, die dem liebevollen Miteinander und der Bewältigung von schwierigen Gefühlen, wie Angst und Wut dienen.
In kleinen, übersichtlichen Kapiteln werden Spiele, Experimente und verschiedene Meditationen vorgestellt und erklärt, die man alleine oder in der Gruppe machen kann. Zum Beispiel gibt es eine Rosinen-Meditation um die Achtsamkeit beim Essen zu üben; oder eine Neubeginn-Zeremonie um Mitgefühl und Gemeinschaft zu fördern.
Bereichernd ist das das Kapitel, in dem Kinder dem Thay, wie Thich Nhat Hanh liebevoll genannt wird, Fragen stellen, die er häufig mit interessanten Geschichten aus seiner eigenen Kindheit beantwortet. Es gibt auch Experimente, wie das Bohnen-Samen Experiment. Dabei kann man erfahren, wie jeder selbst seine Samen des Glücks wachsen lassen kann und den Unglückssamen keine Wachstumschance mehr gibt.
Achtsam atmen und der Glocke lauschen ist eine wundervolle Übung, die mehrmals am Tag helfen kann in dem jetzigen Moment zuhause zu sein. Kleine Verse unterstützen das Innehalten, z.B. “Ich atme ein und bin ruhig. Ich atme aus und lächle.”
Sehr hilfreich finde ich auch die Übungen und weisen Antworten von Thay , wenn Kinder ihre Probleme schildern (z.B. gehänselt werden, oder Albträume haben).
Eltern und Lehrer können mit diesem Buch lernen, die Wunden aus der eigenen Kindheit zu transformieren, um diese nicht an Kinder weiterzugeben.
Dem Buch ist noch eine CD beigefügt, mit Liedern und angeleiteten Meditationen, die Freude bereiten.
Ein empfehlenswertes Buch für alle Kinder und Erwachsene, das uns dem Ziel Heilung für unsere Kinder und für unsere Welt ein Stück näher bringen kann.
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